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Nö: Der lange Weg zur neuen Drehleiter → Eine Aufarbeitung der FF Krems

KREMS (NÖ): Die Freiwillige Feuerwehr der Stadt Krems ist derzeit in der „heißen Phase“ zur Ersatzbeschaffung ihrer Drehleiter, die nun 2021 ausgeliefert wird. Vieles gab es beim Ankauf eines ja nicht unbedingt billigen Hubrettungsgerätes zu beachten. Die Feuerwehr Krems hat die Stationen aufgearbeitet und berichtet.

Wie sich bei den zahlreichen Einsätzen immer wieder zeigt, ist die Drehleiter ein unverzichtbares Werkzeug bei Menschenrettungen sowie bei der Bewältigung zahlreicher anderer Aufgaben. Nach 25 Jahren ist es Zeit unsere alte Drehleiter in den wohl verdienten Ruhestand zu schicken – die Neubeschaffung ist im Gange!Aktuell wird dieser Tage – streng nach Corona-Protokoll – die ersten Detaillierungsgespräche mit dem Hersteller geführt – doch bis hierher war es bereits ein langer Weg – hier ein Zwischenbericht:Bei der Neu-/Nachbeschaffung von Tank-/Hilfeleistungslöschfahrzeugen konnte das Team bestehend aus Vertretern von Fahr- und Zeugmeisterei sowie weiteren interessierten Feuerwehrkameraden, in den letzten Jahren bereits vielfach Erfahrung sammeln. Für das Projekt der Drehleiter-Nachbeschaffung musste jedoch wieder viel neues Ausprobiert bzw. in Erfahrung gebracht werden. So wurden die Arbeiten bereits gute drei Jahre vor der geplanten Indienststellung im Jahr 2018 begonnen.

Ein Blick in die Vergangenheit

Hubrettungsfahrzeuge bzw. andere „große“ bzw. fahrbare Leitern haben in der Freiwilligen Feuerwehr Krems/Donau schon lange Einzug gehalten. Fast ebensolang besteht auch eine gute Zusammenarbeit mit der Fa. Magirus als angesehenen und renommierten Hersteller Hubrettungsgeräten.

Die aktuelle Drehleiter der FF Krems / Donau wurde im Jahr 1995 in Dienst gestellt. Die Beschaffung erfolgte im Zuge einer landesweiten Beschaffungsaktion bei der in Jahren 1995 und 1997 insgesamt 24 Drehleitern in ganz Niederösterreich stationiert wurden.

Auf der Suche nach der „perfekten“ neuen Drehleiter

Der Markt für Drehleitern ist in Mitteleuropa recht überschaubar – im Wesentlichen teilen sich den Markt die beiden großen Hersteller Metz (seit ein paar Jahren Rosenbauer zum Rosenbauer-Konzern gehörend) bzw. Magirus (seit einigen Jahren Iveco/Magirus). Als dritter Hersteller gab es bis zur Insolvenz 2017 noch die Fa. Gimaex, welche auch Hubrettungsfahrzeuge hergestellt hat. Trotz der intensiven Vorprägung in Richtung Magirus Drehleiter wurde projektintern von Anfang an eine klare Linie verfolgt – beide in Frage kommenden Hersteller werden bestmöglich neutral auf Basis ihrer technischen Fähigkeiten begutachtet und bewertet. Anhand der vielen Möglichkeiten soll das Projektteam jene Funktionen und Möglichkeiten herausarbeiten, welche für unser Einsatzgebiet und unsere Anforderungen als notwendig bzw. sinnvoll erachtet werden.

Zu Projektanfang stand für mich eigentlich nur die Marke Magirus im Raum. Um das Risiko einer Fehlentscheidung klein zu halten, wollte ich einfach das bewährte Produkt nachbeschaffen. Auf der anderen Seite wollte ich aber keinen Hersteller von vornherein ausschliessen, um den Wettbewerb zur Preisbildung überhaupt zu ermöglichen. Ich habe mich daher in allen Besprechungen, insbesondere mit den Produzenten, sehr neutral gehalten und keine Präferenz gezeigt.

Kommandant Urschler

Das Projektteam führte verschiedene Besichtigungen durch, so wurden u.a. die Drehleitern der FF Wiener Neudorf (Magirus Drehleiter auf Mercedes Econic Fahrgestell, Baujahr 2018), der FF Leonding (Metz Drehleiter auf Mercedes Atego Fahrgestell, Baujahr 2017) und der FF St. Pölten Stadt (Magirus Drehleiter auf Iveco Fahrgestell, Baujahr 2010) besichtigt um entsprechende Eindrücke zu sammeln. Anschließend erging Anfang 2018 das Ersuchen an beide Hersteller um Demonstration der eigenen Fähigkeiten bzw. Vorzüge durch ein entsprechend passendes Vorführfahrzeug. Diesem Wunsch sind beide Hersteller gefolgt.

Vergleichstest Magirus (alt) – Magirus (neu)

Am 9. Mai 2018 stellte die Fa. Iveco-Magirus eine aktuelle Drehleiter aus eigener Produktion in Krems vor. Das Fahrzeug entsprach bereits weitgehend den Vorstellungen des Projekt-Teams hinsichtlich Größe und Fahrgestell. Nach einer initialen Erklärung durch den vorführenden Vertreter, bestand die Möglichkeit das Gerät selbst auszuprobieren. Dies wurde im Rahmen eines direkten Vergleichstests zwischen der bestehenden Drehleiter der FF Krems/Donau Baujahr 1995 und der neuen Vorführ-Drehleiter genützt. Sehr positiv fiel allen Beteiligten auf, dass die grundsätzliche Bedienung (Darstellung, Symbolik, Steuerung, etc.) in den letzten 25 Jahren zwar modernisiert wurden, aber für jeden erfahrenen Drehleitermaschinisten sofort wiedererkennbar und bedienbar waren.

Auch der Korb war seitens Magirus nun verändert worden, hier wurde die starre Korbkonstruktion mit einem zentralen Bedienstand allerdings nicht als Verbesserung empfunden. Die Lösung für die links/rechts-verschiebbare Einstiegsleiter konnte nicht überzeugen. Im direkten Vergleich zwischen den beiden Drehleitern konnte die bestehende alte Magirus-Drehleiter minimal besser abschneiden – ein Umstand der wohl auf einen kleineren Korb und weniger Ausstattung zurückzuführen sein dürfte – der Unterschied wurde jedoch unter den Beteiligten als irrelevant für den Praxiseinsatz angesehen. Abgesehen von der Konstruktion des Rettungskorbes konnte das Fahrzeug mit sehr vielen Neuerungen/Verbesserungen im Detail einen sehr guten Eindruck hinterlassen.

Vergleichstest Magirus (alt) – Rosenbauer/Metz

Am 25. Mai 2018 stellte die Fa. Rosenbauer die gerade fertig gestellte Drehleiter der FF Lienz vor. Auch dieses Fahrzeug entsprach Fahrgestell und anderen Details bereits sehr weit den Vorstellungen des Projekt-Teams. Es wurden wiederum die gleichen Vergleichstest-Szenarien durchprobiert wie bereits bei der Vorführung der Fa. Magirus. Auch hier konnten wieder kleinere Unterschiede hinsichtlich erreichbarer Auslastungswerte im Grenzbereich festgestellt werden – auch hier wurde seitens der Beteiligten festgehalten, dass diese für den Praxis-Einsatz irrelevant sein dürften.Interessanter waren dagegen Details wie das unterschiedliche Abstütz-System – bei der Fa. Metz wird ein sogenanntes „Waagrecht-Senkrecht-Abstützsystem“ verwendet (wie bei Kränen/Teleskopmastbühnen üblich), während Magirus auf das bewährte Vario-Abstützsystem setzt. Beim Vario-Abstützsystem (Fa. Magirus) bleiben immer alle Reifen auf der Fahrbahn, wohingegen die Reifen bei der Fa. Metz stets entlastet werden.

Das Metzsystem wird in Bezug auf die Standsicherheit des Fahrzeuges oft als unterlegen gesehen, aber die einschlägigen Normen erfüllen beide Systeme. Letztlich konnte keine direkte Präferenz für eine der beiden Abstützarten seitens des Projektteams gefunden werden.Einen wirklich erheblichen Unterschied macht jedoch der Rettungskorb welcher durch die Fa. Rosenbauer vorgestellt wurde. Der Rettungskorb wurde aufgrund seiner zahlreichen Möglichkeiten und Verwandlungsoptionen (so lässt sich der gesamte vordere Bereich demontieren) vom gesamten Projekt-Team als äußerst innovativ angesehen. Die Tatsache, dass die Steuerhebel bei der Metz seitenverkehrt funktionieren, sorgte hingegen für Irritation.

Ausschreibung oder Bundesbeschaffungsagentur?

Die Feuerwehr Krems hat seit vielen Jahren viel Erfahrung mit Ausschreibungen im Oberschwellenbereich sammeln können. Ein fundiertes technisches Team und gute Kenner der Rechtslage haben in der Vergangenheit auch sehr gute Preisbildungsergebnisse erzielt. Dieses bewährte Team wurde Seitens des Kommandos mit diesem Projekt beauftragt. Die zeitliche Komponenten spielte auch eine Rolle, die alte Leiter ist seit 1995 im Dienst, die BBG-Ausschreibung wird hingegen erst im Laufe des Jahres 2020 erwartet. „Eine Ausschreibung ist nicht nur ein gutes Mittel, Auftragsklarheit zu einem sehr frühen Projektzeitpunkt zu bekommen, sie erleichtert auch den späteren Abnahmeprozess. Um Marktpreise zu ermitteln, versuchen wir unsere Ausschreibungen sehr neutral zu gestalten.“ führt Gerhard Urschler weiter aus.

Europaweite Ausschreibung

Nach dem Studium diverser Unterlagen und zahlreichen selbst durchgeführten Versuchen an Referenz-Produkten, kam nun der trockenste Teil des ganzen Projektes. In unzähligen Besprechungen und Sitzungen galt es nun das gesehene zu Bewerten und Entscheidungen zu treffen, welche Funktionen / Features / Möglichkeiten unbedingt notwendig bzw. wünschenswert sind und welche eher überflüssig sind. Weiters galt es zu Bedenken, dass nicht alle Ideen bzw. Wünsche von beiden Herstellern umsetzbar sind – ein zu hartes Definieren von Wünschen hätte damit das vorzeitige Ausscheiden eines Anbieters zur Folge haben können. Dieser Umstand sollte unbedingt vermieden werden, daher wurden sehr viele Details als kann/soll-Definitionen oder überhaupt nur als Optionen ausgeschrieben.Nachdem der Anforderungskatalog zusammengestellt war, wurde damit begonnen eine entsprechende Ausschreibung zu formulieren. Als Vorlage wurden die eigenen Ausschreibungen der vergangenen Jahre bzw. andere Drehleiter-Ausschreibungen herangezogen. Nach mehreren Anläufen wurde die Ausschreibung letztlich auf Basis einer Vorlage der BF Wien gestaltet. Die veröffentlichte Endfassung umfasst inkl. zweier Beilagen genau 100 A4-Seiten.Nachdem neben der Ausschreibung alle Förderungszusagen seitens Land NÖ / Landesfeuerwehrverband bzw. Stadt Krems vorlagen konnte die Ausschreibung am Ende 2019 als elektronische Ausschreibung auf der Plattform www.lieferanzeiger.at veröffentlicht werden. Die Kosten für die neue Drehleiter wurden auf Basis der erhaltenen Richtangebote auf 900.000 Euro +/- 15% angenommen, wobei die Stadt Krems eine vollständige Kostenübernahme zugesichert hat.

Angebotseröffnung, Angebotsprüfung und Bewertung

Die Abgabefrist endete am Fr. 10.01.2020 – die abgegebenen Angebote wurden noch am gleichen Tag einer ersten Prüfung unterzogen. Wie erwartet, wurde von beiden möglichen Herstellern ein Angebot abgegeben. Für großes Erstaunen sorgte jedoch der eklatant hohe und nicht nachvollziehbare Preisunterschied zwischen den beiden Anbietern. Der abgegebene Preis der Fa. Magirus lag um fast 27% über jenem der Fa. Rosenbauer.Ungeachtet des hohen Preisunterschiedes und der damit zu erwartenden hohen Punktabzüge im Rahmen der Bewertung wurden die Angebote einer detaillierten Prüfung unterzogen. Es gab – auch aufgrund der zahlreichen offenen Definitionen der Ausschreibung – keine Gründe eines der beiden Angebote auszuscheiden bzw. nicht zur Bewertung zuzulassen.Die Bewertung der Angebote erfolgte am Do. 23.01.2020 durch eine Kommission bestehend aus je drei Vertretern der FF Krems/Donau sowie der Stadt Krems. Für die Feuerwehr wurden der Kommandant Gerhard Urschler, der Feuerwachekommandant der Hauptwache Michael Willrader sowie als Vertreter der Hauptwache bzw. des Projekt-Teams Paul Seitz entsandt. Als Vertreter der Stadt Krems wurde Bürgermeister Dr. Reinhard Resch, Vize-Bürgermeisterin Eva Hollerer sowie Mag. Hannes Zimmermann entsandt.

Details zur kommisionellen Angebotsbewertung siehe: Bericht auf www.feuerwehr-krems.at

Im Anschluss an die Bewertung erfolgte die elektronische Zuschlagserteilung an die Fa. Rosenbauer. Nach Ablauf der Stillhaltefrist, welche den beiden Anbietern einen Einspruch gegen die Entscheidung ermöglicht hätte, erfolgte am Fr. 7. Februar 2020 die Auftragsvergabe an die Fa. Rosenbauer. Der vertraglich zugesicherte, späteste Liefertermin ist somit der 7. April 2021 – wobei seitens FF Krems/Donau sowie Fa. Rosenbauer ein früherer Liefertermin angestrebt wird. Die genaueren Details werden jedoch erst im Zuge der nun folgenden Detailplanungen festgelegt.

Das wird die neue Drehleiter

Optisch wird die neue Drehleiter weitgehend dem Vorführmodell von der FF Lienz gleichen inhaltlich gibt es jedoch einige Abweichungen. Die Eckdaten werden nachfolgend kurz zusammengefasst:

  • DLK 23-12 (Drehleiter mit Korb mit einer Rettungshöhe von 23m bei 12m Ausladung)
  • 5-teiliger Leiternsatz + Gelenkteil (innerstes Leiternelement abknickbar)
  • Fahrgestell: MAN TGM 15.290
  • Antrieb / Getriebe: Hinterrad, Allison Automatik-Getriebe inkl. Retarder, bei Bedarf Schleuderketten
  • Aufbau: Rosenbauer
  • Leistung: 290 PS
  • Besatzung: 1:1 oder 1:2 – dieses Detail wird noch festgelegt

Besonderheiten

  • fixe verrohrte Wasserdurchführung vom Heck bis zum Rettungskorb (TWS)
  • 5 Mann Korb (500kg Traglast)
  • Einbaugenerator 230V/400V
  • umfassendes Kamerasystem zur Unterstützung des Maschinisten
  • Hochspannungswarneinrichtung und Windmesser
  • Sondersignalanlage (Blaulicht) inkl. Helligkeitsbegrenzung
  • Warneinrichtung „toter Winkel“ für Kraftfahrer beidseitig
  • Ausrüstung
  • fernsteuerbarer Wasserwerfer inkl. Kamera bzw. Wärmebildkamera
  • Sprungpolster SP16
  • Druckbelüfter (Elektro und Benzin)
  • Transportmöglichkeit für Patienten inkl. Rollstuhl
  • Atemschutz
  • Powermoon Transformer – Beleuchtungssystem
  • Diverse Höhenrettungs/-sicherungsausrüstung
  • Korbschleiftrage: Damit war die Grundlage geschaffen worden: jetzt galt es die Ausschreibungen in die Produktbezeichnungen des ermittelten Produzenten zu pressen und die notwendigen Detaillierungen zu besprechen. Dazu wurde ein Planungstermin im Werk in Karlsruhe geplant – gekoppelt mit einer Stippvisite bei unserer Partnerfeuerwehr in Böblingen. Dann kam Corona – unsere Reise mussten wir absagen – die Planung lief auf Sparflamme mal weiter, da auch der Hersteller nicht arbeiten konnte.

Die Reisebeschränkungen sind – per 13. Mai 2020 – immer noch aktiv – aber die neuerworbene digitale Kompetenz macht sich bezahlt. In mehreren Videokonferenzen wurde die Detaillierung vorbereitet und am 12.5.2020 fand eine erste mehrstündige Planungssitzung mit den Technikern der Fa Rosenbauer per Teams statt.

Hier wurden die ersten Weichen gestellt. Nun folgende in weiteren Sitzungen die Fahrgestelldetaillierung und die Beladeplanfestlegung, dann wird die nächste Gesamtplanung erfolgen – aufgrund der guten Erfahrungen wird das alles weiterhin per Video abgewickelt.Geplant ist dann eine erste Reise nach Karlsruhe zur Rohbaubesichtung – dann gibt es auch die ersten Bilder – und dann geht die Reise weiter!

Freiw. Feuerwehr der Stadt Krems

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