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Sbg: Die Flut von Hallein im Juli 2021 → Detail-Aufarbeitung der Feuerwehr

HALLEIN (SBG): Das massive und nicht vorhersehbare Unwetter, welches sich in den Abendstunden des 17. Juli 2021 über die Stadt Hallein und ihren Ortsteilen entladen hatte und zum Teil schwerste Schäden hinterließ, wird der Bevölkerung sowie den Einsatzkräften unvergessen bleiben.
Von BR Josef Tschematschar (Ortsfeuerwehrkommandant u. Einsatzleiter) und OV Alexander Hofer

Das massive und nicht vorhersehbare Unwetter, welches sich in den Abendstunden des 17. Juli 2021 über die Stadt Hallein und ihren Ortsteilen entladen hatte und zum Teil schwerste Schäden hinterließ, wird der Bevölkerung sowie den Einsatzkräften unvergessen bleiben. Es erging am 16.07.2021 seitens des KAT-Referates des Landes Salzburg eine Wetterinformation / Niederschlagswarnung für den 17. und 18. Juli 2021.

Warnstufe violett

Die Unwetterwarnzentrale stufte uns für diesen Zeitraum „violett“ aufgrund prognostizierter Regenmengen ein. Dass jedoch eine Starkregenzelle, welche vom Berchtesgadener Raum hereinzog und über Hallein und Bad Dürrnberg regelrecht stehen blieb, damit hatte wohl niemand gerechnet.

Es ging Schlag auf Schlag

Der Himmel öffnete regelrecht seine Schleusen und das über einen für uns nicht mehr nachvollziehbaren Zeitraum, denn es ging zu diesem Zeitpunkt jegliches Zeit-gefühl verloren. Dann ging alles Schlag auf Schlag. Um 19:25 Uhr wurden der Löschzugskommandant Bad Dürrnberg und der Ortsfeuerwehrkommandant von der BAWZ Tennengau über die Niederschlagswarnung „Dürrnberg“, welche mit dem Pegelmesssystem des Kothbaches gekoppelt ist verständigt. Kurz darauf erfolgte die Gesamtalarmierung des LZ Bad Dürrnberg sowie die Alarmierung der diensthabenden Bereitschaft 1 in der Hauptwache.

Sirenenalarm

Das waren keine Einzelalarmierung, wie sich letztlich herausstellte. Gesamtalarmierungen der Halleiner Feuerwehreinheiten, sogar mit Sirenenalarm (mitunter auch zur Information und Warnung für die Bevölkerung), Alarmierungen von Nachbarfeuerwehren und Feuerwehren aus dem Bezirk bzw. angrenzenden Flachgau, Zivilschutzalarm für Hallein und die Anforderung des KAT-Zuges Lungau hatte dieses Ereignis zur Folge. Ein Mitarbeiter der Wildbach- und Lawinenverbauung, der in den integrierten Stab der Bezirkshauptmannschaft entsandt wurde, bezeichnete Hallein als „Epizentrum“ dieser Großschadenslage.

Einsatzgebiet und Einsatzschwerpunkte

Die Haupteinsatzgebiete lagen in den Bad Dürrnberger Ortsteilen Plaik, Georgenberg, Ramsau, Wegscheid und Zinkenkogel. In der Stadt Hallein erstreckte sich das Schadensgebiet vom Kotbach, Augustinergasse, Oberhofgasse, Molnarplatz, Florianiplatz bis in das Innere des Zentrums. Weiter hinaus in den Stadtteil Griesrechen, bis hin nach Gamp. Auch die nördlichen Teile des Stadtgebietes – Rehhof und Rif blieben nicht verschont.

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In Bad Dürrnberg richteten neben den Wassermassen auch schwere Vermurungen und Hangrutschun-gen immense Schäden an Häusern und Straßen an. Bewohner und eine bettlägerige Frau mussten gemeinsam mit dem Roten Kreuz evakuiert werden. Die Trafostation Neuhäusl erforderte aufgrund einer Überflutung in diesem Bereich eine Notabschaltung. Darüber hinaus galt es teils gefährliche Sicherungs-arbeiten zur Gefahren- und Schadensabwehr und eine große Anzahl von Auspumparbeiten durchzu-führen. Straßen wurden unterspült, verklauste Bäche mussten mittels Baggern freigeräumt werden, um noch weitere schwere Schäden zu vermeiden. Autos drohten von ausufernden Bächen weggespült zu werden.

In Hallein erhielt man anfänglich ein etwas anderes Bild. Der anhaltende Starkregen, ließ nichts Gutes verheißen. Am Weg zu den ersten Einsatzstellen bzw. Erkundungsfahrten zu Einsatzstellen kam den Kräften bereits im Stadtgebiet das Wasser aus dem bereits über die Ufer getreten Kothbach entgegen. Dieser uferte bereits im Bereich der Augustinergasse aus, riss drei Pkws mit in das Bachbett, welche wiederum eine Brücke verklausten. Die austretenden Wassermassen fluteten Regelrecht Geschäfte, lokale, Wohnungen, Wohnhäuser, Keller und Tiefgaragen.

Personen in Gefahr

Elf Besucher eines Innenstadtlokales mussten evakuiert und an einen zu diesem Zeitpunkt noch sicheren Ort begleitet werden. Zwei Personen wurden im Bereich der Oberhofgasse von den Wassermassen eingeschlossen, sitzend auf einer Mauer vorgefunden. An eine Rettung war anfänglich nicht zu denken. Eine angedachte Rettung aus der Luft, ebenfalls nicht möglich. Die Gefahr, dass Einsatzkräfte von den Wassermassen mitgerissen werden konnten, war zu diesem Zeitpunkt zu groß. Als der Regen etwas nachließ und sich die austretenden Wassermassen des Kotbaches etwas beruhigten, wurden die beiden Personen durch unsere Mannschaft auf das Dach des Löschfahrzeuges gerettet, welche rückwärts in den Bereich einfuhr.

Großeinsatz angelaufen

Während den beschriebenen Einsatzschwerpunkten lief ein Großeinsatz der Feuerwehr an. Auspump-, als auch Sicherungsarbeiten wurden in den betroffenen Stadtteilen mit den eingetroffenen Einheiten durchgeführt. Die Schadensstellen wurden durch die Einsatzführung im Feuerwehrhaus priorisiert und zugeteilt.
Neben all den bereits beschriebenen Ereignissen musste auch noch der Hochwasserschutz für die Salzach und den Almfluss lt. Alarmplan aktiviert und errichtet werden. Denn die Salzach stieg im weiteren Verlauf der Nacht bis knapp unter die zweite Alarmgrenze an.

Der integrierte Stab der Bezirkshauptmannschaft unter der Leitung der Katastrophenschutzreferentin des Bezirkes wurde einberufen und im Feuerwehrhaus Hallein gebildet.
Bis in die frühen Morgenstunden des 18.07.2021 (Sonntag) wurden Einsatzstellen abgearbeitet. Zum Teil wurden in den Nachstunden auch Pausen eingelegt, um etwas Kraft für den / die kommende(n) Tag(e) zu sammeln. Wo dies nicht möglich war, erfolgte ein Austausch der Mannschaft.

Bereits in der Nacht (gegen 01:00 Uhr) von 17. auf 18. Juli liefen die Kräfteplanungen durch die FW-Einsatzleitung und die Alarmierung des KAT-Zuges Lungau an. Dieser traf am Sonntag um 09:00 Uhr in der Halleiner Europastraße im Bereitstellungsraum ein.
Der gesamte Feuerwehreinsatz erstreckte sich bis zum 20. Juli (Dienstag). Dabei wurden Objekte ausgepumpt, das öffentliche Straßennetz von Schlamm befreit und der eine / andere Einsatz abgearbeitet. Wie zu Einsatzbeginn erhielten wir auch weitere Unterstützung von benachbarten und befreundeten Feuerwehren (lt. Kräfteübersicht). Ohne deren Hilfe, wäre dieses Ereignis nicht zu bewältigen gewesen.

Bergung der Fahrzeuge aus dem Kothbach

Aufgrund einer Auffälligkeit (periodischer Wellenausschlag) am Pegelmesssystem des Kothbaches er-folgte am Dienstag, den 20. Juli eine Begehung des unterirdischen Bachlaufes im Bereich des Floria-niplatzes. (Anmerkung: der wieder normalisierte Wasserstand ließ dies zu.) Bei dieser Begehung entdeckte man zwei verkeilte Fahrzeuge, welche Samstagabend mitgerissen wurden.

Anfänglich vermutete man diese Fahrzeuge bereits in der Salzach, da im Bereich des Kotbaches keine offensichtlichen Verklausungen festgestellt werden konnten. Ein Fahrzeug wurde ja am Abend von den Wassermassen wieder aus dem Bach gespült.

Es folgte daraufhin eine ungewöhnliche und aufwändige Fahrzeugbergung, welche 4 Stunden andauerte. Dabei kamen auch ausgebildete Rettungsschwimmer unserer Taucheinsatzgruppe zum Einsatz.

Fazit

• Dieses Ereignis war in dieser Dimension bzw. diesem Zeitraum nicht vorhersehbar.
• Eine rechtzeitige Alarmierung von zusätzlichen Einsatzkräften stellte sich als richtig heraus. Die Umlandgemeinden wurden Gott sei Dank weitgehendst verschont, dadurch war deren Hilfe so rasch möglich.
• Eine funktionierende Führungsunterstützung und die Bildung von Einsatzabschnitten ist bei solch einem Schadensereignis unumgänglich. Die Entwicklungsarbeit hat sich hier bezahlt gemacht.

• Die Bildung des integrierten Stabes der Bezirkshauptmannschaft mit den erforderlichen Vertre-tern im Feuerwehrhaus Hallein war ein großer Vorteil. Die Infrastruktur konnte gut genützt wer-den. Die Wege zur Feuerwehreinsatzleitung waren dadurch entsprechend kurz. Die Zusammenarbeit untereinander darf als „sehr gut“ bezeichnet werden.
• Die Medienarbeit war intensiv, jedoch sehr wichtig. Die Arbeit der Feuerwehr wurde in den inden Medien sehr gut veröffentlicht.
• Ohne den beherzten Einsatz unserer gesamten Mannschaft und der perfekten kameradschaftli-chen Unterstützung aus den anderen Feuerwehren wäre dieses Szenario nicht zu bewältigengewesen.


Der Einsatz in Zahlen

345 Schadens-/Einsatzstellen mussten durch die anwesenden Kräfte von 17.-20.07.2021 abgearbeitet werden.

Freiw. Feuerwehr Hallein

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