Bayern: 61-jähriger Salzburger stirbt bei großem Lawinenabgang am Steintalhörndl
RAMSAU | FORST HINTERSEE (BAYERN): Ein 61-jähriger Skibergsteiger aus der Stadt Salzburg ist am Samstagmittag, 5. Februar 2022, bei einem gewaltigen Lawinenabgang von der Südwestseite des Steintalhörndls im Hochkalter-Gebiet (Berchtesgadener Alpen) hinab ins Sittersbachtal mitgerissen und komplett verschüttet worden und dabei tödlich verunglückt; sein 41-jähriger Begleiter aus dem Salzburger Flachgau überlebte teilverschüttet mit einer Fußverletzung.
Ein unbeteiligter Ersthelfer schaffte es, den 61-Jährigen mit seinem Lawinen-Verschütteten-Suchgerät (LVS) zu orten, zu sondieren und trotz des sehr harten und schweren Schnees den Kopf freizuschaufeln, noch bevor der erste Hubschrauber mit weiteren Einsatzkräften eintraf; trotzdem konnten die Bergretter den Mann nicht mehr ins Leben zurückholen.
Die beiden Skitourengeher waren über das Sittersbachtal aufs 2.468 Meter hohe Steintalhörndl unterwegs, als sich gegen 12.25 Uhr im sehr steilen Südwesthang rund 150 Meter unterhalb des Gipfels ein gewaltiges, geschätzt 400 Meter breites Schneebrett löste und sie mitriss; die Lawine ging mit einer Lauflänge von rund 870 Metern über einen Höhenunterschied von 320 Metern ab.
Der Druck der Schneemassen schob den Kegel über den Gegenhang wieder ein Stück nach oben und war so heftig, dass ein Stück des Lawinen-Airbags des 61-jährigen Skibergsteigers vom Rucksack abgerissen wurde.
Ein einheimischer Skibergsteiger war zum Unfallzeitpunkt gerade am Gipfel des Steintalhörndls; er fuhr über den Lawinenkegel ab, fand auf etwa halber Höhe in rund 2.070 Metern den verletzten, aber ansprechbaren und im sehr schweren und harten Schnee nur an den Beinen verschütteten 41-Jährigen und suchte dann weiter mit seinem LVS den komplett verschütteten 61-Jährigen, wobei er ihn rund 25 bis 30 Meter über dem Talgrund am Gegenhang orten, in rund einem Meter Tiefe ansondieren und teilweise ausgraben konnte, noch bevor weitere Retter eintrafen.
Die Leitstelle Traunstein schickte nach dem Notruf sofort die Bergwacht Ramsau, die Lawinenhundestaffel Chiemgau und den Traunsteiner Rettungshubschrauber „Christoph 14“ los; die Besatzung nahm im Anflug von Traunstein aus in Weißbach an der Alpenstraße einen Bergwacht-Lawinenhundeführer mit Suchhund auf und flog mit ihm weiter in die Ramsau. Für den zweiten Patienten war mittlerweile aus dem Pinzgauer Glemmtal auch der Notarzthubschrauber „Martin 6“ unterwegs. Als „Christoph 14“ mit dem Hundeführer auf der Lawine landete, hatte der Ersthelfer den Kopf des Verschütteten bereits ausgegraben; bis 12.50 Uhr schafften es die Retter, den 61-Jährigen komplett freizulegen, wobei ihre weiteren Wiederbelebungsversuche den Mann aber nicht mehr ins Leben zurückbringen konnten.
Die Besatzung des Glemmtaler Notarzthubschraubers „Martin 6“ flog gegen 13.15 Uhr den nach erster Einschätzung mittelschwer verletzten 41-Jährigen ins Tal, versorgte ihn notärztlich und transportierte ihn dann weiter zum Salzburger Landeskrankenhaus. Die beiden Helis brachten im Pendel-Verkehr Einsatzkräfte und Ausrüstung auf die Lawine und wegen des Risikos von Nachlawinen so weit wie möglich auch zeitnah wieder ins Tal.
Die Bergwacht Ramsau, ein Polizeibergführer der Alpinen Einsatzgruppe (AEG) und die gegen 14 Uhr eintreffende Besatzung des Polizeihubschraubers „Edelweiß 4“ bargen den Verstorbenen und flogen ihn dann ins Tal. Die Bergwacht Ramsau musste die Helis an ihrer Bergrettungswache mit dem Berchtesgadener Kerosinanhänger wieder nachtanken.
Der bayerische Lawinenlagebericht gab zum Unfallzeitpunkt eine erhebliche Lawinengefahr (Stufe 3 von 5) für das Gebiet an. Der AEG-Beamte der Polizeiinspektion Freilassing hat die Ermittlungen zum genauen Hergang aufgenommen.
Neben zwei AEG-Beamten und drei Heli-Besatzungen waren 34 Bergretter aus Ramsau (31), Bad Reichenhall (2) und Inzell (1) zum Teil bis 16 Uhr gefordert, darunter ein Team mit Suchhund der Lawinenhundestaffel Chiemgau, der Inzeller Bergwacht-Notarzt und zwei Berater des Kriseninterventionsdienstes (KID) der Bergwacht.
Weiterer mutmaßlicher Lawineneinsatz am Hochfelln
Kurz vor dem Lawinenabgang am Steintalhörndl wurde gegen 12 Uhr über die Leitstelle Tirol ein vermeintlicher Lawinenabgang mit einem Verschütteten am so genannten Weißgrabenkopf im Hochfelln-Gebiet gemeldet. Die Besatzung des Salzburger Notarzthubschraubers „Christophorus 6“ nahm in Bischofswiesen, wo sie vom Bergwacht-Einsatzleiter eingewiesen wurde, ein Lawinenhundeteam der Bergwacht Berchtesgaden auf und flog direkt weiter zum Hochfelln, konnte den Lawinenabgang aber dort auch mit Hilfe der sehr ortskundigen Ruhpoldinger Bergretter nicht finden.
Im weiteren Verlauf stellte sich heraus, dass sich der Unfall am ähnlich klingenden Weißkopfkogel südöstlich des Groß-Gebra bei Aurach ereignet hatte, wo bereits Rettungsmaßnahmen anliefen und der Verschüttete durch seine beiden Begleiter gerettet werden konnte. „Christophorus 6“ flog das Berchtesgadener Suchhundeteam dann nach Bischofswiesen zurück. Die Einsatzkräfte haben bei unklaren, schlecht verständlichen Meldungen ohne Rückruf-Möglichkeit und über Notruf-Apps immer wieder das Problem, dass sie das Einsatzgebiet nicht genau lokalisieren können und viele Ortsbezeichnungen und Namen auch oft nicht eindeutig sind und im Alpenraum mehrfach gleich oder in ähnlicher Form vorkommen.