Neue Feuerwehr-Finanzierung in Oberösterreich: Stangenfahrzeuge, Stützpunkt-Stellplatz-Finanzierung und Reparaturbonus
OBERÖSTEREICH: Der Anspruch immer besser, effizienter und nachhaltiger zu werden und dabei den Fokus auf das Wesentliche nicht zu verlieren, ist wohl einer der Erfolgsfaktoren des Oö. Feuerwehrwesens. „Egal ob zunehmende Trockenheit oder komplexere Einsatzszenarien mittels fortschrittlicher Technologien – die Anforderungen an unsere Feuerwehren wachsen stetig“, hält Feuerwehr-Landesrätin Michaela Langer-Weninger fest. Daher brauche es auch in Zukunft gut ausgebildete und hoch motivierte Feuerwehrleute sowie modernste Ausrüstung, um den Herausforderungen einen Schritt voraus zu sein. Für Oberösterreich wurden nun neue Schritte gesetzt, die am 28. Juni 2024 in einer Pressekonferenz im Oö. Landes-Feuerwehrkommando bekanntgegeben worden sind.
Oberösterreich hat bereits in den vergangenen Jahren mit der flächendeckenden Ausstattung der Drohnentechnologie oder des erst kürzlich präsentierten Bohrlöschgerätes DRILL-X im Feuerwehrwesen eine bedeutende Vorreiterrolle in Österreich eingenommen. „Mit der Einführung eines zweijährigen Pilotversuches schaffen wir nun die Möglichkeit einer einheitlichen Gesamtbeschaffung, einen Förderausbau von Stützpunktstellplätzen und die Einführung eines Reparaturbonus. Damit setzen wir neue Maßstäbe und machen Oberösterreichs Feuerwehrwesen erneut zum Vorreiter. Das spart nicht nur viel Zeit und Geld, sondern unterstützt vor allem die Kameradinnen und Kameraden, entlastet die Gemeinden und fördert zugleich die Nachhaltigkeit“, betonen die Gemeindereferent:innen LRin Michaela Langer-Weninger und LR Michael Lindner.
Unsere Feuerwehren leisten einen Beitrag von unschätzbarem Wert an unserer Gesellschaft und deren Sicherheit. Die beeindruckende Jahresbilanz des Vorjahres – mit rund 7,55 Millionen Arbeitsstunden – unterstreicht das ehrenamtliche Engagement und den unermüdlichen Einsatz der Kameradinnen und Kameraden unserer Feuerwehren. Sie sind es, die unser Feuerwehrwesen zu so einer einzigartigen Erfolgsgeschichte machen. Dafür gebührt ihnen unser aller Dank und Respekt. Gemeinsam mit dem Oö. Landes-Feuerwehrverband arbeiten wir daher stets daran, beste Rahmenbedingungen für unsere Feuerwehren zu schaffen.“ Feuerwehr- und Gemeinde-Landesrätin Michaela Langer-Weninger
Die Vergangenheit hat gezeigt, dass es in der Anschaffung von gleichen Feuerwehr-Fahrzeugtypen (Fahrgestell + Aufbau) zu Preisunterschieden von bis zu 160.000 € gekommen ist. Um den Feuerwehren und Gemeinden hier künftig Abhilfe zu schaffen, wird der bisherige Anschaffungsprozess um den Pilotversuch der Gesamtbeschaffung ergänzt. „Alleine kann man viel bewegen, doch gemeinsam ist man unschlagbar. Diese Aussage bildet das Fundament der neuen Gesamtbeschaffung. Denn dadurch erlangen wir eine Schlagkraft, die zum einen eine neue Ära in der Preisgestaltung einläutet und zum anderen den Feuerwehren viel Zeit und Energie im Generierungsprozess sparen hilft. Auf diese Weise bieten wir unseren Feuerwehren künftig die Möglichkeit, zwischen Eigenanschaffung (nach dem bisherigen Modell) und Gesamtbeschaffung (nach dem Pilotprojekt) zu wählen“, erklärt Langer-Weninger.
Rechenbeispiel
Für die Gemeinde XY (Förderquote 54%) wird ein neues RLF 2000 angeschafft. Dabei stehen die beiden Optionen der Eigenanschaffung bzw. der Gesamtbeschaffung zur Option:
Eigenanschaffung | Gesamtbeschaffung | |||
RLF 2000* (förderbare Kostenrahmen exkl. Beladung) | 450.000 € | RLF 2000 (inkl. Beladung) | 575.000 € | |
54% LZ + BZ | 207.000 € | 54% LZ + BZ | 310.000 € | |
Eigenmittel | 243.000 € | Gemeindeanteil | 264.500 € | |
+ Beladung | 125.000 € | |||
+ Mehrkosten (7,5% – 46%, Einzelanschaffung**) | 33.750 € bis 207.000 € | |||
Gemeindeanteil | 401.750 € bis 575.000 € | Ersparnis | 137.250 € bis 310.500 € |
**Erfahrungswerte der Anschaffungsdifferenz der letzten Jahre
Reparaturbonus
„Die Anschaffung von Fahrzeugen ist das eine, die Instandhaltung das andere. Daher ist es mir ein besonderes Anliegen unsere Feuerwehren künftig auch in der Erhaltung der Fahrzeuge bestmöglich zu unterstützen“, kündigt Oberösterreichs Feuerwehr-Landesrätin Langer-Weninger einen Reparaturbonus an, dessen Ziel es ist, die Nutzungsdauer von Feuerwehrfahrzeugen durch Generalüberholung um bis zu zehn Jahren zu verlängern.
„Derzeit müssen die Gemeinden bzw. die Feuerwehren nach 25 Jahren die Fahrzeuge auswechseln, obwohl die Fahrzeuge meist wenige gefahrene Kilometer am Tacho aufweisen. Im Hinblick auf die Nachhaltigkeit sowie eine Entlastung der Budgets, ist es mir wichtig, dass wir auch in diese Richtung Akzente setzen und praxistaugliche Möglichkeiten schaffen“, betont Feuerwehr-Landesrätin Langer-Weninger. Der Oö. Landes-Feuerwehrverband (Oö. LFV) erarbeitet derzeit Richtlinien für ein Generalüberholungskonzept von Feuerwehrfahrzeugen. Sobald diese vorliegen, werden die notwendigen Maßnahmen zur Nutzungsdauerverlängerung mit der Förderquote (FQ) der jeweiligen Gemeinde gefördert.
Stützpunktstellplätze
Laut den derzeitigen Richtlinien der Gemeindefinanzierung NEU werden die Stellplätze für die Stützpunktfahrzeuge mit der FQ der Standortgemeinde gefördert (zwischen 20 % und 80 %). „Da es sich bei diesen Aufgaben, die die Standortgemeinden und die jeweilige Freiwillige Feuerwehr übernehmen, um überregionale Aufgaben handelt, haben wir uns dazu entschlossen die Förderungen für diese Bereiche ebenfalls neu aufzustellen“, so die Gemeindereferent:innen Langer-Weninger und Lindner.
Künftig wird der Stellplatz für die Stützpunktfahrzeuge (Kosten je Stellplatz zwischen 300.000 und 500.000 Euro) mit mind. 70 % und max. 80 % BZ-Mittel aus dem Gemeindesressort des Landes gefördert. Um auch die Freiwilligen Feuerwehren zu entlasten, sind für Stützpunktstellplätze seitens der Feuerwehr künftig keine Eigenleistungsbeiträge zu erbringen.
Die Stützpunkt-Feuerwehren sind essentiell für die Sicherheit unserer Gemeinden: Sie übernehmen mit ihrer Ausrüstung Verantwortung über die eigene Gemeinde hinaus – oft für einen ganzen Region. Sie gewährleisten eine flächendeckende, schnelle und effektive Einsatzbereitschaft, die im Ernstfall Leben rettet. Nur mit starken und modernen Feuerwehren kann diese Sicherheit auch weiterhin gewährleistet werden“, so Gemeinde-Landesrat Michael Lindner.
„Die Unterstützung der Gemeinden beim Bau der Feuerwehrhäuser und damit auch der Stellplätze für Sonderfahrzeuge ist ein bedeutender Schritt in einer nachhaltigen Sicherstellung des unverzichtbaren Stützpunkt- und Sonderdienstes in OÖ,“ ergänzt Feuerwehrpräsident und Landes-Feuerwehrkommandant Robert Mayer.
Derzeit gibt es in Oberösterreich 232 Stützpunkt-Feuerwehren, die mit 471 verschiedensten Typen von Stützpunktfahrzeugen und -geräten – vom Arbeitsboot über Drohnen, bis hin zu Wechselladekranfahrzeugen oder dem Rüstlöschfahrzeug-Tunnel – ausgestattet sind.
„Mit diesem Pilotprojekt wollen wir echte Wahlfreiheit für unsere Feuerwehren und Gemeinden garantieren: Die neue Finanzierungsmöglichkeit soll spürbare Kostenersparnisse mit sich bringen und die Gemeindebudgets nachhaltig entlasten. Parallel dazu können die Freiwilligen Feuerwehren und Gemeinden ihre Fahrzeuge aber auch weiterhin nach den bestehenden Vorgaben konfigurieren“, bringt es LR Lindner auf den Punkt.
Pilotversuch schafft Vorteile in puncto Zeit, Kosten und Ausbildung
Es war und ist gelebte Praxis, dass Feuerwehren und Gemeinden die Beladung und Ausrüstung der Fahrzeuge selbst beschaffen müssen. Das führte des Öfteren zu enormen Preisunterschieden, die durch die Kostensteigerungen der letzten 3 – 4 Jahre zusätzlich befeuert wurden. Diese Kosten mussten in der Folge großteils von den Gemeinden und Feuerwehren getragen werden. Deshalb wurde vom Oö. LFV und den zuständigen Gemeindereferent:innen ein Pilotversuch für die Beschaffungsprogramme 2026 und 2027 initiiert und mit einer attraktiveren Förderung versehen.
Mit diesem Beschaffungsprogramm ist ein wesentlicher und bedeutender Meilenstein gelungen. Auch wenn es in den nächsten zwei Jahren noch ein Pilotprojekt ist, steht schon jetzt fest: Es wird den Aufwand der Feuerwehren und Gemeinden erheblich erleichtern. Das Konzept für Einsatzfahrzeuge ist durchdacht bis ins letzte Detail, inklusive Finanzierung und Planbeladung von Gerätschaften. Sie sind, je nach Typ, für jeden Standard-Einsatz ausgelegt“, so Feuerwehrpräsident Robert Mayer.
Im Pilotprojekt für die Beschaffungsprogramme 2026 und 2027 werden die Feuerwehr-Fahrzeuge zukünftig fertig konfiguriert und ausgestattet sein. Durch baugleiche Einsatzfahrzeuge wird der Kosten-Nutzen-Effekt in der Anschaffung optimiert. Dabei wurde das Augenmerk vor allem auf die Entlastung der Feuerwehren in zeitlichen und finanziellen Belangen gelegt. Die Experten des beim Oö. LFV eingerichteten Ausschusses für Technik und Ausrüstung haben sich mit den einzelnen Fahrzeugtypen befasst und die jeweiligen Baurichtlinien überarbeitet. Dies ermöglicht eine Kostensenkung durch eine vereinfachte Produktion für mehrere Fahrzeuge. „Die vom Landes-Feuerwehrkommando OÖ konzipierten Fahrzeuge entlasten Feuerwehren und Gemeinden, indem sie den Aufwand und die Kosten minimieren. Die Feuerwehren sparen bis zu 1000 Stunden, die sie sonst in die Konzeption und Angebotseinholungen ihrer Fahrzeuge investieren mussten und entlasten sie massiv, da keine weiteren Kosten für die Beladung anfallen. Die Gemeinden können dank der Standardisierung mit einem Fixpreis zu geringeren Kosten rechnen“, freut sich Feuerwehrpräsident Robert Mayer, der in diesem Programm einen vernünftigen, für alle Seiten erfolgversprechenden Weg sieht.
Für eine gemeindespezifische Bedarfsbeladung können vorhandenen Leerräume (je nach Fahrzeugtyp unterschiedlich) von den Feuerwehren individuell genutzt werden. Die Abwicklung für Gemeinden und Feuerwehren wird ebenfalls erleichtert, da Ausschreibungen und die damit verbundene zeitaufwändige Planung nicht mehr in diesem Ausmaß erforderlich sind. Dadurch wird ein Fixpreis geschaffen, der den Feuerwehren und Gemeinden eine Planungs- und Kostensicherheit gibt.
Weitere Vorteile finden sich auch in der Ausbildung wieder, so Mayer: „Durch standardisierte Fahrzeuge kann zudem auch die Ausbildung vereinheitlicht werden. Diese bietet letztendlich einen Mehrwert für Kameradinnen und Kameraden, die bei mehr als einer Feuerwehr einsatzberechtigt sind, und wirken sich somit positiv auf die Tageseinsatzbereitschaft aus.“
Parallel zur Gesamtbeschaffung haben die Freiwilligen Feuerwehren und die Gemeinden weiterhin die Möglichkeit, auf Grundlage der Oö. Baurichtlinien für Feuerwehr-Fahrzeuge ihr Fahrzeug zu konfigurieren. In diesem Fall werden weiterhin laut Gemeindefinanzierung NEU die Normkosten für Fahrgestell und Aufbau mit der Förderquote der Gemeinde unterstützt.
Click & Collect
Das bereits vorkonfigurierte Fahrzeug, kann über die Bundesbeschaffungs-GmbH (BBG) bestellt werden, und steht nach dem Verlassen der Produktion gleich für den Einsatzdienst bereit. Es werden damit auch die Türen für Ausbildungsmöglichkeiten am Fahrzeug im Bereich Virtual Reality geöffnet.
Abschließend halten Feuerwehr- und Gemeinde-Landesrätin Langer-Weninger, Gemeinde-Landesrat Lindner und Feuerwehr-Präsident Mayer die Vorteile des Pilotprojektes fest:
- Entlastung von zeitlichen und finanziellen Ressourcen bei Feuerwehren & Gemeinden
- Bessere Verhandlungsposition gegenüber Fahrzeugherstellern
- Preis- und Planungssicherheit
- Vereinfachung von Ausbildung als Vorteil für Einsatzberechtigte (Tagesbereitschaft)
- Neuerungen am Stand der Technik können besser umgesetzt und eingeführt werden
- Durch die Neuausstattung der Fahrzeuge ist künftig kein „außer Dienst“ stellen in der Übergangsphase von Alt- auf Neufahrzeug mehr notwendig
- Kosten/Nutzen-Optimierung von vorhandenem Steuergeld
Technische Details
Die technischen Details zum „Fahrzeug von der Stange“ und dergleichen werden sich in der Ausgabe 4 / 2024 des Feuerwehrmagazins Brennpunkt finden, das gegen 20. August erscheinen wird.