Bayern: Angenommener Flugzeugabsturz bei Grabenstätt
GRABENSTÄTT (BAYERN): Die sommerliche Abendstimmung am Flugplatz in Grabenstätt wirkte trügerisch. Die Örtlichkeit war Ende Juli 2024 Schauplatz einer eher ungewöhnlichen Feuerwehrübung der Floriansjünger aus Grabenstätt und Chieming. Ein angenommener Flugunfall mit eingeklemmten Passagieren bildete dabei das Ausgangszenario für eine gemeinsame Übung. Rauch, schreiende Menschen, ein Trümmerfeld am Ende der Piste sowie ein demoliertes Kleinflugzeug führten dazu, dass man die Übung kaum von einem Ernstfall unterscheiden konnte. Im Vorfeld der praktischen Einheit erhielten die etwa 50 Teilnehmer einen umfangreichen Einblick in die verschiedenen „Luftfahrzeuge“ und deren technischen Bauteile.
„Die Fliegerei ist grundsätzlich sicher“, betonte der passionierte Pilot Hans Rachl in seinem einstündigen Lehrvortrag und ergänzte, „es kann aber immer mal etwas passieren und das in allen Orten – nicht nur dort wo es Flugplätze gibt“. Hans Rachl ist Sachverständiger und Beauftragter der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) und verfügt über eine jahrzehntelange Erfahrung in der Aufklärung von Flugunfällen. In seinen Vortrag flossen, sehr unterhaltsam dargeboten, unzählige Praxisbeispiele verbunden mit der Zusammenarbeit und den wichtigsten Aufgaben der Rettungskräfte.
Neben unterschiedlich großen Flugzeugen sind allerhand weitere „Luftfahrzeuge“ wie Hubschrauber, Ultraleichtflugzeuge, Segelflugzeuge aber auch Heißluftballone oder Gleitschirmflieger unterwegs. Der Überblick gab den Zuhörern die Möglichkeit, sich mit den feuerwehrrelevanten Bauteilen vertraut zu machen und einen Überblick über mögliche „Gefahren an der Einsatzstelle“ zu erhalten.
Im Anschluss an den Theorieteil sind die Einsatzkräfte in ihre Schutzkleidung geschlüpft und haben die Einsatzfahrzeuge besetzt. Nur kurze Zeit später sind hinter dem Feuerwehrhaus Grabenstätt bereits dichte Rauchschwanden in den Himmel gestiegen und über den Funk kam die Mitteilung, „Absturz eines Kleinflugzeuges am Flugplatz Grabenstätt – zwei Personen sind in der Kabine eingeschlossen“. In Windeseile machten sich die Helfer mit ihren Feuerwehrfahrzeugen auf den Weg zum Schadensort. Grabenstätts Kommandant und Einsatzleiter Sven Lein verschaffte sich zunächst einen Überblick über die Situation und verteilte die ersten Aufgaben an die Helfer.
Neben der medizinischen Betreuung kümmerten sich die Floriansjünger um eine weiträumige Absicherung der Einsatzstelle und haben das Flugzeug stabilisiert. Gleichzeitig wurden alle Vorbereitungen zu technischen Rettung getroffen und die nötigen Gerätschaften in Stellung gebracht. Weitere Einsatzkräfte kümmerten sich um den Brandschutz oder um die Ausleuchtung der Einsatzstelle. Koordinativ sind die Fäden am Mehrzweckfahrzeug der Feuerwehr Grabenstätt zusammengelaufen. Dort wurden auch alle Schritte protokolliert und eine Lagekarte angefertigt. Ein dreiköpfiges Team der Pressestelle des Kreisfeuerwehrverbandes Traunstein war zur Bilddokumentation sowie zur „Pressebetreuung“ vor Ort im Einsatz.
Im Anschluss an die Vorbereitungen konnten die Helfer mit der Rettung der beiden Passagiere beginnen. Dabei haben sie größtmögliche Vorsicht walten lassen, um Folgeverletzungen zu vermeiden. Dazu kamen sogenannte „Spineboards“ zum Einsatz, die eine achsengerechte und stabile Rettung ermöglichten. „Viel Platz war nicht vorhanden“, sagte Sven Lein und ergänzte, „Die engen Verhältnisse in der Kabine sowie die Tragflächen haben und schon vor Herausforderungen gestellt“. Dennoch ist es den Beteiligten gelungen, die beiden Insassen innerhalb einer halben Stunde aus ihrer misslichen Lage zu befreien und der „angenommenen“ Weiterversorgung durch den Rettungsdienst zuzuführen.
Abschließend versammelten sich alle Beteiligten um das Kleinflugzeug, um Übung zu reflektieren. Hans Rachl nutzte zudem die Möglichkeit, die theoretischen Grundlagen am „Praxismodel“ zu veranschaulichen und gaben den Übenden wertvolle Tipps an die Hand, wie sie die Rettung noch effizienter gestalten können. „Alles in allem sind wir mit dem Ablauf sehr zufrieden“, freute sich am Ende Sven Lein und zeigte sich im Rahmen der Manöverkritik sehr dankbar darüber, „dass wir innerhalb von zehn Jahren nun zum zweiten Mal die Chance hatten, eine derartige Übung durchführen zu können“.
Ehe es an eine gemeinsame Brotzeit ging, hatten die Mitwirkenden noch die Möglichkeit, einen Blick hinter die Tore des Hangars zu werfen und die dort stationierten Fluggeräte genauestens unter die Lupe zu nehmen. Mit dem Abschuss der Rakete eines Gesamtrettungssystems für Kleinflugzeuge, also einem Rettungsfallschirm, an dem im Falle eines Falles das gesamte Fluggerät hängt, erhielten die Floriansjünger weitere interessante Einblicke in die Flugzeug- und Rettungstechniken. „Wir sind sehr glücklich und dankbar darüber, dass wir mit Hans Rachl einen Spezialisten und Sachkundigen vor Ort haben, der sein Wissen mit uns teilt“, so das gemeinsame Fazit der beiden Kommandanten Sven Lein (Grabenstätt) und Martin Hölzle (Chieming). Organisiert und koordiniert wurde die Gemeinschaftsübung durch Alexander Georg von der Feuerwehr Chieming.
Kreisfeuerwehrverband Traunstein