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Folgt Österreich der deutschen Liberalisierung am Glücksspielmarkt?

Mittlerweile fallen in Österreich sämtliche Casinospiele unter das österreichische Glücksspielgesetz. Das war in der Vergangenheit nicht immer so; Poker bildete rund 25 Jahre lange eine Ausnahme.

Die privaten Betreiber unterschiedlicher Pokercasinos wuchsen so zu einer echten Alternative in Österreich heran. Bald gab es mehr als zehn Spielstätten, quer über die Alpenrepublik verteilt. Doch deren Aufstieg fand 2020 ein jähes Ende. Vier Jahre zuvor hatte die österreichische Bundesregierung das Glücksspielgesetz adaptiert und Poker zu einem Glücksspiel erklärt.

Gesetzliche Verschärfung statt Marktöffnung

Nach dem Ablaufen einer Übergangsregelung mit 31.12.2019 fiel das Kartenspiel und damit auch der Betrieb von Pokercasino in Österreich unter das Glücksspielgesetz; die Betreiber mussten ihre Spielbanken schließen. Seither ist das Spiel nur noch in den Casinos Austria zu finden, die auf Basis von Lizenzen ihren Betrieb garantiert sehen. Diese Regelung war lange Zeit in Europa einzigartig. Auch in Deutschland gab es keine privaten Pokeranbieter, entsprechend groß war der Pokertourismus in Österreich. Ähnlich restriktiv wie hierzulande ging auch Deutschland beim Glücksspiel vor.

Sowohl ausländische Online-Casinos als auch stationäre Spielbanken waren abseits der strengen Gesetzgebung verboten. Deutschland wie Österreich riegelte seinen Markt nach außen ab und nahm dabei auch zahlreiche Verwarnungen vonseiten der EU-Kommission in Kauf. Schließlich galt und gilt innerhalb der Europäischen Union die sogenannte Dienstleistungsfreiheit.

Wie ist die Dienstleistungsrichtlinie der EU zu interpretieren?

Diese garantiert Wirtschaftstreibenden, sich in jedem Land der EU nach Wunsch niederzulassen und ihre Leistungen anzubieten. Doch auf dem Gebiet des Glücksspiels tobt seit jeher ein harter Kampf um die Interpretation der Gesetze. Während Deutschland vor rund drei Jahren aktiv eine Änderung herbeigeführt hat, beharrt Österreich weiterhin auf seiner Abgrenzung.

Das Geschäft mit dem Glücksspiel ist riesig.

Der Glücksspielmarkt in Österreich ist immerhin ein großes Geschäft für die Betreiber. So betragen die Bruttospielerträge mehr als 2 Milliarden Euro pro Jahr. Mehr als 40 Prozent der Bevölkerung nehmen, zumindest einmal jährlich an einem Spiel teil; der wichtigste Umsatzträger ist dabei das Lotto 6 aus 45.

Einziger offiziell verbliebener Anbieter von Glücksspielen in Österreich sind die Casinos Austria. Sie haben zuletzt sämtliche Lizenzen nach dem österreichischen Glücksspielgesetz zugesprochen bekommen und betreiben insgesamt 12 stationäre Spielbanken sowie den einzigen offiziellen Anbieter von Online-Glücksspielen, Win2day. Die Casinos des Konzerns befinden sich in:

  • Baden bei Wien
  • Bregenz
  • Graz
  • Innsbruck
  • Kitzbühel
  • Kleinwalsertal
  • Linz
  • Salzburg
  • Seefeld
  • Velden
  • Wien
  • Zell am See

Sie profitieren nicht nur vom Interesse der Österreicher an den Casinospielen, sondern auch von zahlreichen Touristen, die das Land besuchen. Doch während Deutschland zuletzt auf Regulierung und mehr Spielerschutz gesetzt hat, scheint die Zeit hierzulande stehen geblieben zu sein.

Neuer privater Eigentümer der Casinos Austria

Dieser Eindruck täuscht, denn auch in Österreich hat sich auf diesem Sektor viel getan. Hintergrund war die Teilübernahme der Casinos Austria durch die tschechische Sazka Group aus Tschechien. Diese wollte den Glücksspielkonzern ebenso übernehmen wie der österreichische Hersteller von Slots für Online-Casinos, die Novomatic. Als Betreiber von Spielbanken und Sportwettenlokalen galt diese lange Zeit als Favorit.

Das Casino in Baden gehört zu den architektonischen Juwelen.

Doch die zahllosen politischen und gesellschaftlichen Diskussionen führten schließlich dazu, dass sich die Novomatic aus dem Bieterstreit um die Übernahme privater Anteile an den Casinos Austria zurückzog. Die Sazka Group übernahm damit in Folge die Mehrheit und ist damit der Eigentümer des ehemaligen staatlichen Konzerns.

Deutschland öffnete seine Grenzen

Diese Entwicklung fand in der Vergangenheit sinngemäß auch in Deutschland statt. Doch dort geschah sie unter anderen Vorzeichen. Nach jahrelangen Diskussionen und Streit innerhalb des Landes entschlossen sich die deutschen Bundesländer vor einigen Jahren zu einer grundlegenden Reform ihres Deutschen Glücksspielstaatsvertrages. Diese sah nicht nur eine deutliche Verschärfung des Spielerschutzes vor, sondern vor allem eine umfassende Regulierung in Verbindung mit einer Marktöffnung. Deutschland gab damit, erstmals ausländischen Anbietern die Chance, auf dem deutschen Markt Fuß zu fassen. Eine Lizenzierung sieht vor, dass Betreiber die strengen Regeln einhalten und sich diesen unterwerfen. Wer dies nachweisen kann, erhält die Lizenz zum Spielen.

Angesichts dieser Entwicklung kam es in weiterer Folge zu zahlreichen Privatisierungen. Die staatlichen Betreiber verkauften ihre stationären Casinos an private Betreiber, die ebenfalls den gesetzlichen Bestimmungen vollinhaltlich unterliegen. Diese Marktöffnung hat nicht nur das Angebot für Spieler deutlich erweitert, sondern auch eine Konkurrenzsituation herbeigeführt. Diese kommt den Kunden wie dem Staat entgegen, schließlich steigen dadurch die Steuereinnahmen. Gleichzeitig garantieren die neuen Spielerschutzbestimmungen, dass alles in geordneten Bahnen verläuft.

Diesen Weg hat Österreich noch vor sich, allerdings wird er sehr vom politischen Willen der nächsten Bundesregierung abhängen. Sie müsste dazu allerdings das österreichische Glücksspielrecht ändern und bei der nächsten Ausschreibung der Lizenzen, die im Jahr 2027 schlagend werden, auf eine Liberalisierung des Marktes drängen. Ob es dazu kommen wird, ist aus heutiger Sicht jedoch völlig offen.

Der deutsche Gesetzgeber hat die Liberalisierung bereits vollzogen.

Die Casinos Austria arbeiten seit Jahrzehnten als Monopolist im Land und werden alles unternehmen, um eine Öffnung zu verzögern. Unter diesen Voraussetzungen ist es fraglich, ob Österreich dem Beispiel zahlreicher anderer Länder in Europa folgt und die bestehende Monopolstellung aufhebt. Doch das Interesse ausländischer Anbieter ist vorhanden; das hat bereits die letzte Ausschreibung, die vor Jahren stattfand, gezeigt.

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