Übungen

Bayern: Großübung in Waging am See: Dekontamination von Personen stand im Mittelpunkt

WAGING AM SEE (BAYERN): Der Markt Waging am See mit seinen rund 7.000 Einwohnern liegt in der Region Rupertiwinkel im östlichen Bereich des oberbayerischen Landkreises Traunstein. Zum Einsatzgebiet gehören neben dem historischen Ortskern mehrere Gewerbegebiete und Pflegeeinrichtungen. Auch die zwei stark befahrenen Staatsstraßen 2104 und 2015, die Bahnlinie Traunstein-Waging, sowie der Waginger und Tachinger See sowie mehrere Fließ- und Kleingewässer gehören zum Einsatzgebiet. Ein Teil des Güterverkehrs, unter anderem aus dem “bayerischen Chemiedreieck”, einer Region der chemischen Industrie, führt durch das Gebiet der Marktgemeinde.

Von Thomas Pfeffer, Pressesprecher FF Waging am See

Zur Ausstattung der Freiwilligen Feuerwehr Waging am See gehören ein Einsatzleitwagen (ELW 1), ein Mannschaftstransportwagen (MTW), ein Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeug (HLF 20/16), ein Tanklöschfahrzeug (TLF 16/25), eine Drehleiter (DLA-K 23/12), ein Gerätewagen-Logistik (GW-L2), ein First-Responder-Fahrzeug, ein Mehrzweckboot (MZB), ein Lichtmastanhänger (LIMA) sowie ein Pulverlöschanhänger (P-250) und ein Umweltschutzanhänger mit einer Ausstattung für Gefahrguteinsätze.

Unterstützt wird die FF Waging am See unter anderem durch vier weitere Feuerwehren in den Ortsteilen Gaden, Nirnharting, Otting und Tettenhausen. Bereits seit dem Jahr 1981 verfügt die örtliche Feuerwehr über eine umfangreiche Gefahrgutausrüstung. Bereits im Jahr 1974 wurde erstmals ein Katastrophenschutzboot (K-Boot) mit Ölsperren in den Einsatzdienst gestellt. Ein erster Ölschadensanhänger (ÖSA) mit der darin befindlichen Ausrüstung für Mineralölunfälle und ein Rüstwagen (RW 1) ergänzten in den Folgejahren die Ausrüstung.

Feuerwehrübung “Dekontamination von Personen” in Waging am See

Nach einer Kontamination mit atomaren, biologischen oder chemischen Gefahrstoffen müssen Personen davon grob gereinigt werden, um eine weitere Verschleppung der Stoffe zu verhindern. Im zivilen Katastrophenfall ist dies Aufgabe der Feuerwehr und des Technischen Hilfswerkes (THW). Verletzte sind alle Personen, bei denen ein Kontakt mit dem Schadstoff nicht ausgeschlossen werden kann und Einsatzkräfte mit unzreichender beziehungsweise beschädigter Schutzausrüstung. Zudem werden anschließend auch die Einsatzkräfte mit kontaminierter Schutzkleidung dekontaminiert.

Angenommene Lage

Ausgangslage war, dass in einem Entsorgungsunternehmen eine chemische Reaktion unter Bildung eines stechenden Gases stattfand. Derartige Einsätze sind zwar relativ selten, stellen die Einsatzkräfte aber in der Realität vor besondere Herausforderungen. Bereits vor über 40 Jahren wurden bei der Waginger Feuerwehr bereits Ausrüstungsgegenstände für Gefahrgut- und Mineralölunfälle beschafft.

Seitdem wurden die Gerätschaften immer wieder für die örtlichen Belange erweitert und erneuert. Um dieses Szenario zu trainieren, fand diese Übung statt. Aufgrund der hohen Anzahl an verunfallten Personen wurde dabei die sogenannte “Erweiterte Stufe III (Dekon-P des Bundes) angefordert. Diese Spezialausrüstung wird im Landkreis Traunstein durch die Feuerwehr Stein an der Traun an den Unglücksort gebracht.

Übungsziel

Ziel der Übung war es

  • den Personalbedarf an Einsatzkräften festzustellen,
  • das Zeitmanagement der Dekontamination zu ermitteln,
  • die Möglichkeit und Grenzen der Dekonstufe 3 zu testen.

Nachdem der Einsatzleiter die Lage erkundet hatte, war die Rettung einer bewusstlosen Person die Erstmaßnahme. Nach einer sogenannten Sofortdekon konnte diese dann umgehend an den Rettungsdienst übergeben werden. Ein Atemschutzgeräteträger musste kurz darauf aufgrund eines angenommenen Schwindelanfalls ebenfalls über diese Einrichtung den Gefahrenbereich verlassen. Parallel dazu begann der Aufbau von zwei weiteren Dekontaminationsplätzen der sogenannten Standardstufe 2. Zum einen wurde eine alternative Ausführung einer Dekon-Stelle, bestehend aus mehreren Saugschläuchen und einer Plane, zum anderen das Dekon-Duschzelt der Waginger Feuerwehr aufgebaut. An dieses Duschzelt wurde im weiteren Verlauf der Übung dann die “Erweiterte Stufe 3” angebaut.

In der Zwischenzeit galt es, den Gefahrstoff zu ermitteln. “Mit einer speziellen Messstrategie aus pH-Indikatorpapier, ‚Polytec I unbekannte Gase‘ und ‚Polytec III‘ konnte der Stoff als Ammonika identifiziert werden”, so Martin Pöllner, Fachberater für Gefahrgut in Waging und Ausarbeiter dieser Übung. Mit den Prüfröhrchen Ammoniak wurde dies bestätigt und eine Konzentration von 270 ppm ermittelt.

Bei der Dekontamination gibt es verschiedene Stufen:
Stufe 1 wird als “Sofortdekon” bezeichnet, da diese sofort beim Vorgehen des ersten Trupps in den Gefahrenbereich aufgebaut sein muss. Sie besteht mindestens aus Abspülmöglichkeiten (beispielsweise die Schnellangriffseinrichtungen der Löschfahrzeuge), einer Krankentrage sowie eines San-Rucksackes mit Kleiderschere.

Die Stufe 2 (auch Standardstufe) braucht zusätzlich noch die Möglichkeit, das kontaminierte Abwasser aufzufangen. Die Erweiterte Stufe 3 besteht dann weiter noch aus einem Auskleidezelt, Duschzelt und Ankleidezelt. Diese Zelte verfügen über eine Stromversorgung, Heizung und einen Warmwasserbereiter, sowie Frisch- und Abwasserbehälter.

Drei Körperschutzformen gereinigt

Insgesamt mussten 16 Verletzte und 18 Einsatzkräfte gereingt und von den Schadstoffen befreit werden. Es erfolgte sowohl die Trockendekontamination (also das Entkleiden der kontaminierten Oberflächen) sowie die Nassdekontamination (Abspülen der Schutzanzüge beziehungsweise Duschen) von Verletzten und Einsatzkärften aller drei Körperschutzformen. Dabei ist die “Form 1” der Feuerwehrschutzanzug mit Kontaminationsschutzhaube, “Form 2” ein chemisch beständiger Flüssigkeitssschutzanzug und “Form 3” ein gasdichter Chemikalienschutzanzug (CSA).

Die Kleidung wurde luftdicht verpackt, die Personen mit Ersatzkleidung ausgestattet und namentlich erfasst. Logistisch ist dies durchaus eine Herausfoderung. Die betroffenen Personen möchten natürlich den Gefahrenbereich schnellstmöglichst verlassen. Auch Verletzte müssen medizinisch versorgt werden und die Einsatzkräfte mit leeren Atemschutzflaschen müssen zwangsläufig den Gefahrenbereich verlassen.

Feedback

Um ein Feedback zu erhalten, wurde der Ablauf von Übungsbeobachtern der Freiwilligen Feuerwehren Traunreut, Übersee und Attel-Reithmering (Landkreis Rosenheim) akribisch festgehalten. Beteiligt waren neben der Freiwilligen Feuerwehr Waging am See die Feuerwehren aus Gaden, Otting, Petting, Stein an der Traun, Taching am See und Tettenhausen.

Freiw. Feuerwehr Waging am See

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